Scheidung und Unterhalt - wer in welchem Umfang Anspruch auf Unterhaltszahlungen nach einer Scheidung hat

Im Zusammenhang mit einer Scheidung spielt der Unterhalt eine wichtige Rolle. Als Besserverdienender werden Sie sich fragen, ob, an wen und wie viel Unterhalt Sie zahlen müssen. Umgekehrt möchten Sie wissen, unter welchen Voraussetzungen, für wie lange und in welcher Höhe Ihnen Unterhalt zusteht, sofern Sie auf Unterhaltszahlungen angewiesen sind. Das gilt nicht nur für den Unterhalt im Trennungsjahr, sondern auch für den nachehelichen Unterhalt und den Kindesunterhalt.

Scheidung und Unterhalt: Der Trennungsunterhalt - der Unterhalt im Zeitraum zwischen Trennung und rechtskräftiger Scheidung

In der Zeit zwischen einer Trennung und der rechtskräftigen Scheidung hat der Ehepartner, der weniger verdient, grundsätzlich einen Anspruch auf Trennungsunterhalt. Ziel des Trennungsunterhalts ist, den bedürftigen Ehepartner bis zur  Scheidung so zu stellen, dass die ehelichen Lebensverhältnisse annähernd fortgeführt werden können.

1. Scheidung: Unterhalt im Trennungsjahr - die Voraussetzungen

Es müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen, damit der bedürftige Ehepartner vor der Scheidung Unterhalt verlangen kann. Anspruch auf Unterhalt hat derjenige, der nach § 1361 BGB nicht in der Lage ist, sich selbst zu versorgen.

Die Ehepartner müssen voneinander getrennt leben. Das bedeutet, dass eine getrennte Haushaltsführung stattfindet und mindestens ein Ehepartner nicht mehr an der Wiederherstellung der ehelichen Gemeinschaft interessiert ist.

Beim Trennungsunterhalt sind die während der Ehe erzielten Einkünfte maßgeblich. Hat der bedürftige Ehepartner vor der Trennung nicht gearbeitet, ist er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Trennungsjahr nicht verpflichtet, einen Job anzunehmen. Diese Rechtsprechung befindet sich jedoch derzeit im Wandel, so dass einzelne Oberlandesgerichte in Ausnahmefällen bereits eine Erwerbsobliegenheit nach 9 Monaten angenommen haben.

Der andere Ehepartner muss in der Lage sein, vor der Scheidung den Unterhalt für den bedürftigen Ehepartner zu zahlen. Das setzt voraus, dass sein eigener angemessener Lebensunterhalt nicht gefährdet wird. Das heißt, dass für den Leistenden muss ein Selbstbehalt von mindestens 1.280 Euro (Stand: 1. Januar 2020) monatlich verbleiben.

2. Vor der Scheidung Unterhalt: Die Berechnung des Trennungsunterhalts

Wird vor der Scheidung Unterhalt in Form des Trennungsunterhalts gewährt, orientiert sich seine Berechnung an den Richtlinien zur Düsseldorfer Tabelle beziehungsweise an den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate der einzelnen Oberlandesgerichte. Beim Trennungsunterhalt gilt der Grundsatz, dass jedem Ehepartner die Hälfte des verfügbaren Gesamteinkommens zur Verfügung steht. Der leistungsfähigere Ehepartner erhält einen Erwerbstätigenbonus in Höhe von einem Siebtel des Nettoeinkommens. Abhängig davon, ob beide Ehepartner oder nur ein Ehepartner berufstätig ist, errechnet sich die Höhe des Trennungsunterhalts nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichtes Jena (wie  Düsseldorfer Tabelle )wie folgt:

  • Ist der bedürftige Ehepartner nicht erwerbstätig, erhält er drei Siebtel des bereinigten Nettoeinkommens des erwerbstätigen Ehepartners. Beispiel: Ein Ehepartner verfügt über ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 3.700 Euro, erhält der nicht erwerbstätige Ehepartner 1.585 Euro.
  • Sind beide Ehepartner erwerbstätig, ist der Differenzbetrag der beiden Einkommen maßgeblich für die Berechnung des Trennungsunterhalts. Beispiel: Der leistungsstärkere Ehepartner hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 3.700 Euro, während der leistungsschwächere Ehepartner 1.700 Euro verdient. Von dem Differenzbetrag in Höhe von 2.000 Euro erhält der leistungsschwächere Ehepartner drei Siebtel, sodass sein Einkommen um den Trennungsunterhalt in Höhe von 857 Euro aufgestockt wird (sog. Aufstockungsunterhalt).

Als unterhaltsrelevantes Einkommen sind unter anderem Folge Einkommensarten zu berücksichtigen:

  • Einkünfte aus nicht selbstständiger und selbstständiger Arbeit
  • Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
  • Einnahmen aus Kapitalvermögen
  • Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld
  • Steuererstattungen
  • einkommenserhöhender Wohnvorteil, durch das Wohnen in der eigenen Immobilie

Um vor der Scheidung den Unterhalt zu berechnen, wird bei Arbeitnehmern das durchschnittliche Monatseinkommen aus 12 Monaten zugrunde gelegt. Anderes gilt für Selbstständige, bei denen die Einkünfte der vergangenen drei Jahre herangezogen werden.

3. Scheidung und Unterhalt: Die Bereinigung des Nettoeinkommens beim Trennungsunterhalt

Für die Berechnung des bereinigten Nettoeinkommens fehlt eine gesetzliche Regelung, weshalb sich die Familiengerichte an den von den zuständigen Oberlandesgerichten erlassenen Richtlinien orientieren.

Für die Bereinigung des Nettoeinkommens werden diese Posten abgezogen:

  • Sozialabgaben sowie angemessene Vorsorgeaufwendungen für die private oder gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und für die Arbeitslosenversicherung
  • Steuern
  • Fahrtkosten zur Arbeit
  • Berufsbedingte Aufwendung
  • Kindesunterhalt
  • im Ausnahmefall Darlehensverpflichtungen

Scheidung und Unterhalt: Die Dauer des Trennungsunterhalts - wann endet er?

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt endet, sobald die Scheidung rechtskräftig ist.

Scheidung und Unterhalt: Der Unterhaltsanspruch nach der Scheidung - der nacheheliche Unterhalt

Nach einer Scheidung sollte jeder für seinen Unterhalt selbst aufkommen. Das heißt, dass grundsätzlich jeder für sich selbst und seinen Unterhalt verantwortlich ist. Von diesem in § 1569 BGB normierten Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen. Voraussetzung ist, zum Einem die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten und zum Anderem das Vorliegen eines Unterhaltstatbestandes.

Bedürftigkeit bedeutet, dass Sie nur dann einen Anspruch auf Unterhalt haben, wenn Sie selbst außerstande sind, sich aus Ihren Einkünften oder Ihrem Vermögen eigenverantwortlich zu unterhalten.

Als bedürftiger Ehepartner müssen Sie außerdem einen anerkannten Grund nennen, warum Sie nicht in der Lage sind, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Einer  der §§ 1570 bis 1576 BGB genannten Gründe muss daher vorliegen, um einen Unterhaltsanspruch erfolgreich durchsetzen zu  können.  Weitere Voraussetzung ist, dass der geschiedene Ehepartner leistungsfähig sein muss.

Tatsächlich ist der Unterhaltsanspruch nach einer Scheidung gar nicht so selten. Er verspricht vor allem dann Aussicht auf Erfolg, je länger eine Ehe gedauert hat.

Zu diesen Unterhaltstatbeständen, die einen weiteren Unterhaltsanspruch auch nach einer Scheidung rechtfertigen können, gehören diese:

  1. Unterhalt wegen Kinderbetreuung nach § 1570 BGB: Sofern Sie ein gemeinsames Kind betreuen, steht Ihnen in den ersten drei Lebensjahren Unterhalt zu, ohne dass weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Die Dauer der Inanspruchnahme ist an das Alter des Kindes gebunden und muss bei Überschreiten der Altersgrenze konkret nachgewiesen werden.
  2. Unterhalt wegen Alters nach § 1571 BGB: Ihnen steht Unterhalt zu, wenn Sie altersbedingt keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben können. Diese Vorschrift dient dem Schutz von Ehepartnern, die nach einer langen beruflichen Pause nicht mehr in eine angemessene berufliche Tätigkeit vermittelt werden können.
  3. Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 BGB: Sie haben nach einer Scheidung Anspruch auf Unterhalt, wenn es infolge einer Krankheit, eines Gebrechens oder einer Schwäche Ihrer geistigen oder körperlichen Kräfte für Sie nicht zumutbar ist zu arbeiten.
  4. Erwerbslosenunterhalt nach § 1573 BGB: Grundsätzlich sind Sie nach einer Scheidung verpflichtet, Ihren Unterhalt selbst zu verdienen. Finden Sie unverschuldet keinen Arbeitsplatz, haben Sie Anspruch auf Erwerbslosenunterhalt, bis Sie Arbeit gefunden haben.
  5. Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB: Sie bestreiten nach der Scheidung Ihren Unterhalt, das Einkommen reicht jedoch nicht aus, haben Sie Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Das sind drei Siebtel des Differenzbetrages zwischen Ihrem Einkommen und dem Ihres ehemaligen Ehepartners.
  6. Ausbildungsunterhalt nach § 1575 BGB: Darauf haben Sie Anspruch, wenn Sie wegen oder in Erwartung einer Ehe eine Berufs- oder Schulausbildung abgebrochen oder nicht angenommen haben, wobei sich die Dauer des Ausbildungsunterhalts auf die Dauer der Ausbildung beschränkt.
  7. Unterhalt aus Billigkeitsgründen nach § 1576 BGB: Trifft keiner der vorgenannten Unterhaltstatbestände zu, und Sie beanspruchen nach einer Scheidung dennoch Unterhalt, weil Ihnen aus einem sonstigen schwerwiegenden Grund keine Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann.

Scheidung und Unterhalt: Der Kindesunterhalt

Der Kindesunterhalt ist immer dann relevant, wenn sich Ehepartner trennen. Insoweit betrifft eine Scheidung auch den Unterhalt von Kindern.

  •  Solange Eltern und Kinder in einem gemeinsamen Haushalt leben, sind beide Elternteile gleichermaßen zum Unterhalt verpflichtet. In welcher Art und für welche Zeit sie Unterhalt gewähren, bestimmen die Eltern nach § 1612 Abs. 2 BGB selbst.
  • Im Falle einer Trennung oder Scheidung hat das Kind gegen den Elternteil, in dessen Haushalt es lebt und wohnt, Anspruch auf Betreuung, Verköstigung und Pflege. Gegen den anderen Elternteil kann das Kind Unterhalt in Form von Barunterhalt(Geldzahlung) verlangen.

Im Gegensatz zu anderen Unterhaltsansprüchen wird beim Kindesunterhalt unterstellt, dass die unterhaltspflichtige Partei leistungsfähig ist. Der barunterhaltspflichtige Elternteil unterliegt einer sogenannten gesteigerten Erwerbsverpflichtung. Diese Kinder haben Anspruch auf Unterhalt:

  1. Grundsätzlich unterhaltsberechtigt sind minderjährige, schulpflichtige Kinder.
  2. Unbegrenzten Anspruch auf Unterhalt haben behinderte Kinder, sofern sie ihren Lebensunterhalt nicht selbstständig bestreiten können.
  3. Ist ein Kind volljährig, ist es unter der Voraussetzung unterhaltsberechtigt, solange es sich in der allgemeinen Schulausbildung oder in Ausbildung befindet.
  4. Auszubildende haben für die Dauer einer Berufsausbildung Anspruch auf Unterhalt, wobei die Ausbildungsvergütung auf den Unterhaltsanspruch angerechnet wird.
  5. Studenten sind für einen Studiengang unterhaltsberechtigt. Die Unterhaltsverpflichtung der Eltern besteht fort, wenn dem Studium eine Lehre vorgeschaltet ist und zwischen beiden ein enger zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang besteht.

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